18.000€ bis 42.000€ verliert ein Unternehmen der Automobilbranche bei einem ungeplanten Ausfall in der Produktion – pro Minute. Viele Unternehmen rüsten daher ihre Produktionsanlagen im Kontext von „Industrie 4.0“ auf, mit dem Ziel, solche existenzbedrohenden Störungen zu vermeiden. Hierbei soll vor allem Predictive Maintenance helfen: die vorausschauende Wartung von Maschinen und Systemen.
Wartung kann in drei Stufen unterteilt werden:
- Corrective Maintenance
- Preventive Maintenance
- Predictive Maintenance
In Stufe 1 wird ein Fehler erst nach Eintreten der Störung bzw. mit Ausfall der Maschine korrigiert (Run-to-failure). Die Konsequenz ist im Worst-Case die vorübergehende Stilllegung einer gesamten Fertigungseinheit mit gravierenden wirtschaftlichen Verlusten.
Um dies zu umgehen, werden Wartungspläne anhand der durchschnittlich erwarteten Lebensdauer einer Maschine entwickelt und periodisch durchgeführt (Stufe 2). Häufig zeigen die zu wartenden Maschinen oder Verschleißteile jedoch noch eine ausreichende Nutzungsdauer. Es entstehen hierdurch unnötige Material- und Wartungskosten und Ausfallzeiten.
Predictive Maintenance hebt sich von den anderen Wartungsarten durch die Erfassung und die gezielte Nutzung von Daten ab. Es werden Maschinen‑, Bauteil- und Umgebungsdaten erfasst und der Zustand der relevanten Bauteile kontinuierlich überprüft. Der Abnutzungsgrad ist maßgebend für den Zeitpunkt der Wartung, sodass noch intakte Bauteile weiterverwendet und übermäßige Verschleißerscheinungen frühzeitig entdeckt werden.
Predictive Maintance
Als Teilgebiet von Predictive Analytics vereint Predictive Maintenance sämtliche aktuellen Schlüsseltechnologien, wie Big Data, Cloud Computing und Machine Learning in einer Smart Factory. Voraussetzung ist die Implementierung von Sensorsystemen, welche den Zustand in und an den Maschinen überwachen und Daten aufzeichnen (Condition Monitoring). Die erzeugten Daten enthalten maschinell auswertbare Informationen, die von mathematischen Modellen und Algorithmen zur Bestimmung des zukünftigen Zustands einer Maschine herangezogen werden (Forecasting). Ziel ist es, mögliche Störungen weit vor dem Eintreten zu erkennen, Wartungen gezielt und kontrolliert zu planen und so die Production-Downtime signifikant zu reduzieren.
Predictive Maintenance ist mit der richtigen Infrastruktur als Unternehmensstrategie zu betrachten. Es verlängert den Lebenszyklus von Maschinen, gewährleistet die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Produktion und steigert in Folge die Produktivität des Unternehmens. Mit Predictive Maintenance können Unternehmen nicht nur auf eine Störung ihrer Anlagen reagieren, sondern lässt sie bereits vorab intervenieren, sodass sich Betriebs- und Wartungskosten um bis zu 30% verringern.
Die richtige Infrastruktur
Das vierte Industriezeitalter zeichnet sich sowohl durch die Mensch-Maschine und Maschine-Maschine Kommunikation als auch durch die Erfassung und Verarbeitung gewaltiger Datenmengen aus. Unternehmen, die das Prinzip von Predictive Maintenance umsetzen wollen, kommen nicht darum herum, auf Industrie 4.0 Standards aufzurüsten. Folgende infrastrukturelle Aspekte sind zu beachten:
- Datenerfassung aller relevanten Messgrößen
- Datentransfer und Datenspeicherung
- Datenauswertung und Dateninterpretation
Predictive Maintenance funktioniert optimal bei einer stetigen Zustandsüberwachung von Maschinen. Erforderlich sind Sensoren in und an den Maschinen und der Datentransfer weiter zu einer zentralen Rechenstelle. Dafür müssen die Maschinen kommunizieren können. Dies erfolgt über das Prinzip Industrial Internet of Things (IIoT), das sich – anders als das Konzept Internet of Things (IoT), das einen Einzug in viele Haushaltsgeräte gefunden hat – auf ein produzierendes und industrielles Umfeld konzentriert. Die Rohdaten stammen beispielsweise aus Temperatur‑, Luftdruck‑, Feuchtigkeit‑, Vibrationen- oder Geräuschmessungen und kommen im Datenspeicher in verschiedenen Formaten und Skalierungen an. Daten Manipulationen und Daten Transformationen schaffen eine homogene Datengrundlage.
Die Datenmengen müssen in Echtzeit an Datenbanken übermittelt, dort abgelegt und in Relation zueinander gestellt werden. Je mehr Daten anfallen, desto mehr Speicher- und Rechenkapazitäten sind notwendig. Herkömmliche Technologien stoßen hierbei an ihre Grenzen und es wird bevorzugt auf Cloud basierte Systeme gesetzt, wie Amazon AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud Platform, die mit wachsenden Datenmengen automatisiert skalierbar sind.
Mathematische Modelle identifizieren auf Grundlage einer geeigneten Zeitreihe dieser Daten sogenannte Treibervariablen, deren Änderungen großen Einfluss auf die Auftrittswahrscheinlichkeit des Versagens haben. Die Treiber wiederum dienen als Inputgrößen für Algorithmen, die Prognosen des Zustands eines Bauteils oder einer Maschine auf Grundlage der in Real Time eintreffenden IIoT Daten berechnen können. Die Prognosegüte ist hierbei stark abhängig von der Datenqualität. Je höher die Datenqualität, desto zuverlässiger und nachhaltiger die Prognose.
Werkzeuge und Plattformen
Ein Meilenstein für Unternehmen, die Predictive Maintenance implementieren wollen, ist die Realisierung einer geeigneten und umfassenden Dateninfrastruktur. Data Engineering und Data Science liefern hierfür eine Vielzahl von verschiedenen Plattformen, Frameworks, Werkzeuge und Algorithmen. Zur Speicherung von Daten sind Big Data Frameworks wie Apache Hadoop und Databricks als auch Cloud Services anwendbar. Für den Datentransfer und das Data Streaming ist Apache Kafka zu empfehlen. Apache Spark bietet Möglichkeiten zur Datenprozessierung und Datenabfrage via Spark SQL und darüber hinaus auch zur Datenauswertung. Dabei ist es möglich in verschiedenen Programmiersprachen, wie Python, R und Java, Applikationen zu konzipieren (Link R als Tool für Data Science). Weiter besitzt Apache Spark über eine Machine Learning Library (MLib) mit Algorithmen zur Daten Analyse, wie Deep Learning, künstliche neuronale Netze und Decision Trees (Links zu Blogbeitrag Datenanalyse und Machine Learning anhand eines Use Case Teil 1–3).
Beispiele
Ein treffendes Beispiel sind moderne Fahrzeuge. Diverse integrierte Sensoren kommunizieren mit dem Fahrer über den Boardcomputer und signalisieren der Werkstatt via Telemetrie, wann eine Wartung nötig ist und welche Ersatzteile womöglich erforderlich sind. Dies verkürzt zum einen die Reparaturdauer und verhindert zum anderen größere Schäden durch nicht gewartete Teile.
In der Industrie findet Predictive Maintenance aktuell besonders in Windkraftanlagen und Windturbinen Verwendung. Ziel ist es einen ungeplanten und längeren Ausfall der Anlage zu vermeiden. Mit den berechneten Prognosen können Bauteile noch vor deren Versagen identifiziert und innerhalb der Downtime ersetzt werden.
Fazit
Predictive Maintenance ist als Unternehmensstrategie zu betrachten, hinter der das gesamte Unternehmen stehen muss. Es erfordert ein Upgrade auf Industrie 4.0 Standards, sodass eine smart and intelligent factory entstehen kann. Dies erfordert Investitionen und setzt eine Gegenüberstellung der Investitionskosten und der laufenden Betriebs‑, Material- und Wartungskosten voraus. Vor allem für Unternehmen mit großen Maschinenanlangen und hoher Auslastung lohnt sich der Wechsel von herkömmlichen Wartungsmethoden zu Predictive Maintenance. Es verringern sich die Ausfallzeiten und das Risiko von Totalausfällen. Weiter finden keine unnötigen Wartungen statt, da der Zustand der Maschine zu jeder Zeit bekannt ist; Wartungen finden nach Bedarf statt und Materialkosten sinken. Durch die zielgerichtete und ununterbrochene Zustandsabfrage der Maschinen, ist es möglich, Maschinen individuell anzupassen und deren Auslastung zu optimieren. Auch Einsätze von Außendienstmitarbeiter können in intelligenten Intervallen geplant werden. Weitere positive Effekte sind:
- Produktionssteigerung
- Qualitätssteigerung
- On-time Delivery
saracus consulting und Predictive Maintenance
saracus consulting greift auf eine langjährige Expertise in den Bereichen Data Warehousing und Business Intelligence zurück. Mit Fachkompetenzen in Data Engineering, Data Analytics und Data Science, können wir genau dort Hilfestellungen leisten, wo viele Unternehmen noch Probleme haben: in der Realisierung einer geeigneten Dateninfrastruktur.