Die lang­jäh­rige gesell­schaft­li­che Dis­kus­sion rund um den Daten­schutz hat völ­lig neue Gesetze, Geschäfts­mo­delle, aber auch neue Mög­lich­kei­ten im Bereich der Cyber­si­cher­heit ent­ste­hen las­sen. Ähn­li­ches geschieht nun mit dem Blick auf Umwelt‑, Sozial- und Gover­nance-The­men (Envi­ron­men­tal, Social, Gover­nance – ESG). So for­dern mitt­ler­weile viele Inves­to­ren ein auf ESG-Kri­te­rien bezo­ge­nes Risi­ko­be­wusst­sein und betrach­ten Ver­pflich­tun­gen etwa in Form eines Fahr­plans zur Kli­ma­neu­tra­li­tät als Vor­aus­set­zung für ihre Investitionen.

Auch die Gesetz­ge­ber sind aktiv: Die Euro­päi­sche Union zum Bei­spiel hat neue Regel­werke in Form der „Cor­po­rate Sus­taina­bi­lity Report­ing Direc­tive“ (CSRD) for­mu­liert. Diese könnte schon für das Geschäfts­jahr 2023 rele­vant wer­den – falls das euro­päi­sche Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren und die anschlie­ßende Umset­zung in natio­na­les Recht nach Plan ver­lau­fen. Die CSRD defi­niert Berichts­pflich­ten für Unter­neh­men hin­sicht­lich Umwelt­schutz, Men­schen­rech­ten, sozia­ler Ver­ant­wor­tung, Behand­lung von Mit­ar­bei­tern, Kor­rup­ti­ons- und Bestechungs­be­kämp­fung sowie Diver­si­tät in den Führungsetagen.

Die End­ver­brau­cher wie­derum sind zu gro­ßen Tei­len bereit, mehr für nach­hal­tige, rege­ne­ra­tive und ethi­sche Pro­dukte und Dienst­leis­tun­gen zu zah­len – bezie­hungs­weise Ange­bote zu mei­den, die diese Anfor­de­run­gen nicht erfüllen.

Fach­kräfte pochen auf Nachhaltigkeit

Nicht zuletzt setzt der Fach­kräf­te­man­gel ESG-The­men auf die unter­neh­me­ri­sche Tages­ord­nung. Denn wenn Fir­men aus ESG-Per­spek­tive wenig zu bie­ten haben, fal­len sie mehr und mehr durchs Ras­ter. So fand im Jahr 2021 eine Umfrage der Job­platt­form StepStone unter 12.000 Arbeit­neh­mern und 47.000 Stu­die­ren­den in Deutsch­land her­aus: 76 Pro­zent der Befrag­ten räu­men Nach­hal­tig­keit bei ihrem Arbeit­ge­ber einen hohen Stel­len­wert ein. Für vier von zehn Befrag­ten ist Nach­hal­tig­keit sogar ein ent­schei­den­des Kri­te­rium bei der Jobwahl.

Auf dem Weg, die ESG-Ziele zu errei­chen, kommt der Unter­stüt­zung in Form von IT-Lösun­gen eine Schlüs­sel­rolle zu. So zeigte 2021 eine Stu­die des deut­schen Digi­tal­ver­bands Bit­kom, dass digi­tale Tech­no­lo­gien fast die Hälfte dazu bei­tra­gen kön­nen, die Kli­ma­ziele für das Jahr 2030 zu errei­chen. Die Stu­die betrach­tet dabei nicht nur das CO2-Ein­spar­po­ten­zial, son­dern auch den CO2-Fuß­ab­druck der digi­ta­len Infrastruktur selbst und berech­net den Netto-Klimaeffekt.

CO2-Bilanz der eige­nen IT zumeist noch unbekannt

Diese Net­to­bi­lanz im Auge zu behal­ten, ist sehr wich­tig, da die IT-Indus­trie selbst, zumin­dest Stand heute, noch zu den grö­ße­ren Kli­ma­sün­dern zählt. Auf IT-Pro­dukte und ‑Dienst­leis­tun­gen ins­ge­samt ent­fal­len der­zeit rund 5 Pro­zent des welt­wei­ten Ener­gie­be­darfs und 1,4 Pro­zent der welt­wei­ten CO2-Emis­sio­nen – letz­te­res  ist ver­gleich­bar mit der Luft- oder Schifffahrtsindustrie.

Zugleich wei­sen meh­rere aktu­elle Stu­dien dar­auf hin, dass nur eine ein­stel­lige Pro­zent­zahl der IT-Ver­ant­wort­li­chen über eine Stra­te­gie dar­über ver­fügt, wie ihre IT kli­ma­neu­tral und nach­hal­tig wer­den kann. Und noch nicht ein­mal die Hälfte weiß, wie groß der CO2-Fuß­ab­druck ihrer IT-Infrastruktur und ‑Ser­vices über­haupt ist.

Erste große IT-Dienst­leis­ter zei­gen, dass sie sich die­ses Man­kos bewusst sind und posi­tio­nie­ren sich gezielt als Unter­neh­men, das ESG-Ziele sys­te­ma­tisch ver­folgt. Ein Vor­rei­ter ist etwa Info­sys, das nicht nur eine „Info­sys ESG Vision 2030“ ent­wi­ckelt und ver­öf­fent­licht hat, son­dern auch den Fort­schritt auf die­ser „ESG Jour­ney“ kon­ti­nu­ier­lich kom­mu­ni­ziert – zum Bei­spiel in einem jähr­lich erschei­nen­den ESG Report. Dem­nach hat das Unter­neh­men bereits Kli­ma­neu­tra­li­tät erreicht.

Cloud ver­bes­sert die Klimabilanz

Ein wei­te­res Bei­spiel sind Hypers­ca­ler wie AWS, Google oder Micro­soft Azure. Ihr CO2-Fuß­ab­druck ist zwar für sich genom­men sehr groß. Zugleich sind sie jedoch mit am bes­ten dafür auf­ge­stellt, wenn es darum geht, etwa über künst­li­che Intel­li­genz (Advan­ced AI) oder Data Ana­ly­tics die Betriebs­ef­fi­zi­enz ihres Rech­ner­parks mas­siv zu erhö­hen und dadurch Emis­sio­nen einzusparen.

Auch weist Cloud Com­pu­ting eine gene­rell güns­ti­gere Kli­ma­bi­lanz auf als der IT-Betrieb onsite. Eine von Accen­ture durch­ge­führte Stu­die ver­glich den Betrieb von drei Micro­soft-Geschäfts­an­wen­dun­gen – Exch­ange, Share­Point und Dyna­mic CRM – zum einen in den Rechen­zen­tren von Kun­den mit zum ande­ren dem Betrieb in Cloud-Rechen­zen­tren von Micro­soft. Das Ergeb­nis: Der cloud­ba­sierte Betrieb senkte die CO2-Emis­sio­nen bei weni­ger als 100 Nut­zern um durch­schnitt­lich 90 Pro­zent oder mehr. Bei mehr als 10.000 Anwen­dern lag die Ein­spa­rung immer­hin noch bei 30 bis 60 Prozent.

ESG als Busi­ness Case

Der größte Trei­ber für ESG besteht jedoch darin, dass das Thema die Chance bie­tet, die Effi­zi­enz inter­ner Abläufe und Lie­fer­ket­ten durch eine Kom­bi­na­tion aus Cloud, IoT, Daten, digi­ta­len Zwil­lin­gen und intel­li­gen­ter Auto­ma­ti­sie­rung zu ver­bes­sern. ESG-Initia­ti­ven sind fast immer auch wirt­schaft­lich durch­ge­rech­nete Busi­ness Cases.

ESG kommt dadurch heute eine stra­te­gi­sche Rolle zu. Es geht nicht mehr darum über Ein­zel­ak­ti­vi­tä­ten, „Gutes zu tun“, son­dern diese Akti­vi­tä­ten über Gover­nance-Pro­zesse in die gesamte Struk­tur des Unter­neh­mens ein­zu­we­ben. Ins­be­son­dere in Europa kön­nen Unter­neh­men auf die­sem Weg mit Ori­en­tie­rungs­hil­fen rech­nen. Denn im welt­wei­ten Ver­gleich ist die EU-Regu­lie­rung zu ESG weit fort­ge­schrit­ten. Es ist daher zu erwar­ten, dass durch die EU-Taxo­no­mie den Unter­neh­men nicht nur neue Regu­la­rien auf­er­legt wer­den, son­dern auch für Stan­dar­di­sie­rung und Klar­heit gesorgt wird, an denen sich Unter­neh­men rechts­si­cher ori­en­tie­ren können.

Gesamte Lie­fer­ket­ten betrachten

Diese Regeln wir­ken sich unter ande­rem auch schon bei der Aus­wahl von IT-Pro­vi­dern aus: Wie müs­sen Sourcing-Ver­ein­ba­run­gen mit neuen Lie­fe­ran­ten aus­se­hen, damit ein Unter­neh­men die gefor­derte ESG-Kon­for­mi­tät ent­lang der gesam­ten Lie­fer­kette vor­hal­ten und nach­wei­sen kann? So stellt zum Bei­spiel die Infor­ma­tion Ser­vices Group (ISG) in den von ihr beglei­te­ten IT-Ser­vice-Aus­schrei­bun­gen immer häu­fi­ger fest, dass ESG-Kri­te­rien eine ent­schei­dende Rolle spie­len. Ein ISG-Kunde etwa wurde nach Ener­gie­ma­nage­ment-Zer­ti­fi­zie­run­gen gefragt, wie sie die EU-Taxo­no­mie vor­sieht. Oder: ISG selbst durfte kürz­lich erst dann bei einem Kun­den aktiv wer­den, nach­dem das Unter­neh­men seine Men­schen­rechts­er­klä­rung hoch­ge­la­den hatte.

Der „ESG-Umbau“ stellt Unter­neh­men vor ähn­li­che Her­aus­for­de­run­gen wie auch andere große Trans­for­ma­tio­nen: Man braucht neben aus der Stra­te­gie abge­lei­te­ten Zie­len die rich­ti­gen Pro­zesse, Orga­ni­sa­ti­ons­for­men, Ver­ant­wort­li­che und die rich­ti­gen Skills zur Ope­ra­tio­na­li­sie­rung der Stra­te­gie. Dies bedeu­tet zum Bei­spiel und vor allem auch: zusätz­li­che (neue) Fach­kräfte oder die Schu­lung des bestehen­den Per­so­nals. Die Unter­neh­men müs­sen also mehr als „nur“ die rich­ti­gen Daten zusam­men­brin­gen, son­dern die Trans­for­ma­tion von der gesam­ten Orga­ni­sa­tion aus gese­hen ange­hen (siehe auch Infokasten).

Von der Ein­zel­maß­nahme zur Strategie

IT-erfah­rene Trans­for­ma­ti­ons-Spe­zia­lis­ten kön­nen hier Unter­neh­men dabei unter­stüt­zen, ihre Maß­nah­men recht­zei­tig zu pla­nen und umzu­set­zen – mit einem Ende-zu-Ende-Ansatz, der alle Pro­vi­der in der Sup­ply Chain mit­ein­be­zieht. Wei­tere Aspekte sind vor allem: Wie „ESG-ready“ sind Unter­neh­men heute schon (Assess­ment)? Wie kann IT dabei hel­fen, die not­wen­di­gen Rei­fe­grade zu errei­chen? Und wie muss ein Maß­nah­men­plan aus­se­hen, der auch wirk­lich der Umset­zung der ESG-Ziele dient?

Letzt­lich geht es darum, bis­he­rige Ein­zel­maß­nah­men struk­tu­riert und ganz­heit­lich in eine ein­heit­li­che Stra­te­gie zu inte­grie­ren und aus­zu­bauen. Das ver­schafft Unter­neh­men zudem den Vor­teil, dass sie ESG-rele­vante Infor­ma­tio­nen nicht mehr müh­sam zusam­men­su­chen müs­sen, son­dern zen­tral ver­füg­bar haben. Auf diese Weise errei­chen sie nicht nur die gesetz­ten ESG-Ziele, son­dern spa­ren auch beim ESG-Manage­ment deut­lich Auf­wände ein.

5 Erfolgs­fak­to­ren auf dem Weg zur ESG-Konformität

1) Gesamt­über­blick schaf­fen
Unter­neh­men benö­ti­gen eine Kom­plett­über­sicht ihres ESG-Fuß­ab­drucks – sei es direkt im eige­nen Unter­neh­men oder indi­rekt über ihre Lie­fer­ket­ten. Dies kann der Umfang der selbst oder von Part­nern ver­ur­sach­ten CO2-Emmis­sio­nen sein oder ob bei (Unter-)Auftragnehmern Zwangs­ar­beit vor­kommt. Vor allem grö­ßere Unter­neh­men benö­ti­gen ein Sys­tem, das all diese Pro­zesse kon­ti­nu­ier­lich ver­folgt. Digi­ta­li­sie­rung und Auto­ma­ti­sie­rung sind bei einem sol­chen Moni­to­ring unver­zicht­bare Ansätze.

2) Daten zen­tral ver­füg­bar machen
ESG-rele­vante Daten lie­gen bis­lang und übli­cher­weise nur dezen­tral und weit ver­streut vor. Selbst in gro­ßen Unter­neh­men gibt es kei­nen ent­spre­chen­den zen­tra­len Daten­pool, der alle rele­van­ten Daten ent­hält.  ESG-rele­vante Daten müs­sen des­halb mit­hilfe ent­spre­chen­der IT-Lösun­gen zen­tra­li­siert, struk­tu­riert, mess­bar gemacht und ana­ly­siert werden.

3) Erfolg regel­mä­ßig mes­sen
Ein­zelne Unter­neh­men haben zwar bereits eine ESG-Stra­te­gie ent­wi­ckelt. Sie müs­sen aber auch sicher­stel­len, dass sie über KPIs ver­fü­gen, wel­che die erziel­ten Fort­schritte regel­mä­ßig mes­sen. Kon­se­quen­ter Ein­satz von Daten­ana­ly­tik, digi­ta­li­sierte und auto­ma­ti­sierte Geschäfts­pro­zesse sind hier äußerst hilf­reich, um die Fort­schritte bei der ESG-Ziel­er­rei­chung kon­ti­nu­ier­lich zu verfolgen.

4) Die rich­ti­gen (IT-)Fachkräfte für die rich­ti­gen Auf­ga­ben
Letzt­lich ist der Umstieg auf ESG-kon­forme Stan­dards ein klas­si­sches Trans­for­ma­ti­ons­pro­jekt. Dies bedeu­tet auch immer, jene Fach­kräfte aus­zu­bil­den oder neu zu ein­stel­len, die für die neuen Auf­ga­ben gebraucht wer­den. So sollte sich ein Unter­neh­men zum Bei­spiel fra­gen, wel­che IT-Berei­che beson­ders ESG-rele­vant sind, etwa Rechen­zen­tren – und das ent­spre­chende Know-how aufbauen.

5) Unter­stüt­zung holen
Ins­be­son­dere wenn IT eine wich­tige Rolle spielt, bie­tet sich die Unter­stüt­zung exter­ner Part­ner an, die über Erfah­run­gen mit (IT-)Transformationsprojekten ver­fü­gen. Sie sind in der Lage, den jeweils aktu­el­len „ESG-Rei­fe­grad“ zu ana­ly­sie­ren und dar­aus abzu­lei­ten, wel­che indi­vi­du­el­len Maß­nah­men im Unter­neh­men den größ­ten Fort­schritt bringen.

Quelle: Silicon.de

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